Filesharing: Belehrungs- und Kontrollpflichten (Störerhaftung)

Jacob MetzlerAbmahnung (Filesharing), Recht, Urheberrecht

Gegenüber minderjährigen Kindern bestehen Belehrungs- und gegebenenfalls auch Kontrollpflichten des Anschlussinhabers. Kommt man als Anschlussinhaber diesen Pflichten nicht nach, kann bei Filesharing die Störerhaftung eingreifen. Gegenüber wem noch solche Pflichten bestehen, ist im Detail strittig.

 

Allgemeines

Nach dem BGH kann „als Störer bei der Verletzung absoluter Rechte auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer – ohne Täter oder Teilnehmer zu sein – in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung des geschützten Rechts beiträgt.“ Dabei setze „die Haftung als Störer […] die Verletzung zumutbarer Verhaltenspflichten, insbesondere von Prüfungspflichten, voraus.“

 

Minderjährige Kinder

Eltern sind nach § 832 I 1 BGB für den Schaden durch eine Verletzungshandlung ihrer Kinder verantwortlich, wenn sie ihre Aufsichtspflicht verletzt haben. Sie „sind verpflichtet, die Internetnutzung ihres minderjährigen Kindes zu beaufsichtigen, um eine Schädigung Dritter durch das Kind zu verhindern.“ (BGH „Tauschbörse II“, Urteil vom 11.06.2015, I ZR 7/14)

Die Aufsichtspflicht umfasse nach dem BGH, dass die Eltern ihr Kind „über die Rechtswidrigkeit einer Teilnahme an Internettauschbörsen belehren und ihm eine Teilnahme daran verbieten.“ Nicht ausreichend sei insofern, lediglich Regeln über ordentliches Verhalten aufzustellen.

Liegen konkrete Anhaltspunkte vor, dass das Kind dem Verbot zuwiderhandelt, oder gab es bereits in der Vergangenheit Abmahnungen, haben die Eltern „die Nutzung des Internets durch ihr Kind zu überwachen, den Computer ihres Kindes zu überprüfen oder ihm den Zugang zum Internet (teilweise) zu versperren.“

 

Außenstehende Dritte und Gäste

Volljährige Dritte, die nicht Familienangehörige sind, müssen nach dem LG Hamburg (Urteil vom 20.03.2015, 310 S 23/14) in gleicher Weise wie eigene minderjährige Kinder über das Verbot der Nutzung von Internet-Tauschbörsen zum illegalen Bezug urheberrechtlich geschützten Materials belehrt werden.

Nach Ansicht des AG Charlottenburg (Urteil vom 21.05.2015, 210 C 34/15) bestehen solche Pflichten gegenüber „gut bekannten Gästen“ jedoch nicht.

Insofern ist sich die Rechtsprechung bei außenstehenden Dritten hinsichtlich eventueller Belehrungs- und Kontrollpflichten uneinig.

 

Volljährige nahe Familienangehörige

Für volljährige Kinder und Ehegatten gilt eine solche Belehrungs- und Kontrollpflicht des Anschlussinhabers grundsätzlich nicht (BGH „BearShare“, Urteil vom 08.01.2014, I ZR 169/12; OLG Hamburg, Beschluss vom 02.02.2015, 5 W 47/13; LG Potsdam, Urteil vom 08.01.2015, 2 O 252/14).

Der BGH weist jedoch darauf hin, dass eine Belehrungs- und ggf. Kontrollpflicht gegenüber volljährigen Familienangehörigen dann entsteht, wenn konkrete Anhaltspunkte für eine rechtswidrige Teilnahme an Tauschbörsen bestehen: „Erst wenn der Anschlussinhaber – etwa aufgrund einer Abmahnung – konkreten Anlass für die Befürchtung haben muss, dass der volljährige Familienangehörige den Internetanschluss für Rechtsverletzungen missbraucht, hat er die zur Verhinderung von Rechtsverletzungen erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen.“

Das AG Kassel (Urteil vom 14.04.2015, 410 C 2230/14) verneint auch in solchen Fällen eine Belehrungs- und Kontrollpflicht, wendet sich ausdrücklich gegen den BGH und begründet dies damit, dass es „nicht Aufgabe des Familienverbundes ist, sich gegenseitig dergestalt zu kontrollieren, dass im Übrigen nach der Rechtslage eigenverantwortliche Familienmitglieder von der Begehung von Rechtsverletzungen abgehalten werden müssen.“ Ihm zufolge sei der Schutz der Familie aus Art. 6 GG höher zu gewichten.

 

Wohngemeinschaft

Sind die Mitbewohner einer Wohngemeinschaft volljährig, bestehen insbesondere nach dem LG Flensburg ebenso wie bei volljährigen Familienangehörigen keine Belehrungs- und Kontrollpflichten (LG Flensburg, Beschluss vom 23.02.2016, 8 S 48/15; AG Leipzig, Urteil vom 07.08.2015, 106 C 219/15). Eine höchstrichterliche Entscheidung hierzu gab es jedoch bisher nicht.

 

Nachweis der Belehrung

Der sicherste Weg, im Prozess seine vorgenommene Belehrung nachzuweisen, ist eine schriftliche Erklärung über das Verbot von illegalem Filesharing, die vom Belehrten unterschrieben wurde. Liegt eine solche schriftliche Erklärung nicht vor, werden die Ausführungen des Beklagten dahingehend untersucht, ob eine ausreichende Belehrung stattgefunden hat.

Das LG Berlin (Urteil vom 24.01.2014, 15 S 16/12) fordert hierbei, dass der Beklagte darlegt, in welchem Alter und mit welchem konkreten Inhalt er sein minderjähriges Kind belehrt hat. Sofern der Sachvortrag widersprüchlich und nicht substantiiert ist, sei dieser der Beweiserhebung nicht zugänglich.

Kann der Anschlussinhaber die Belehrung des minderjährigen Kindes nicht ausreichend belegen, wird es ggf. vor Gericht als Zeuge vernommen (so geschehen im zugrundeliegenden Fall des BGH „Tauschbörse II“), sofern es sich nicht auf sein Zeugnisverweigerungsrecht beruft.