Verletzt die neue Google-Bildersuche das Urheberrecht?

Jacob MetzlerRecht

Google-Bildersuche reloaded

Schon im Jahr 2010 hatte der BGH sich mit der Frage auseinandergesetzt, ob Google mit seiner Bildersuchfunktion die Urheberrechte von Fotografen verletzt (Urteil vom 29. April 2010 – I ZR 69/08 – Vorschaubilder, http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=5059789a4e780b4a8b7b854f80074ea8&nr=51777&linked=pm&Blank=1).

Die von Google betriebene Internetsuchmaschine besitzt eine Bildsuchfunktion, mit der man durch die Eingabe von Suchbegriffen nach Abbildungen suchen kann, die Dritte im Zusammenhang mit dem Suchwort ins Internet gestellt haben. Die gefundenen Bilder werden in einer Ergebnisliste in verkleinerter Form als Vorschaubilder („Thumbnails“) gezeigt. Diese enthalten einen Link, über den man zu der Herkunftsseite mit der Abbildung gelangen kann, in welcher der Suchdienst das Bild gefunden hat.

Der Bundesgerichtshof hatte 2010 diese Form der Bildersuche als rechtmäßig beurteilt. Damals hatte das Gericht entschieden, dass keine unzulässige Vervielfältigung der Werke vorliegt.

Das Anzeigen der Thumbnails in der Google-Trefferliste sei zwar als Eingriff in das Recht des Urhebers anzusehen, seine Werke öffentlich zugänglich zu machen (§ 19 a UrhG). Dieser sei jedoch gerechtfertigt, da der Urheber das Bild durch die Einstellung in seine Website dem Zugriff der Suchmaschinen ausgesetzt habe. Damit habe der Urheber sein Einverständnis mit der Anzeige des Bildes in der Suchmaschinen-Trefferliste erklärt. Dies allein deswegen, weil er den Inhalt der Internetseite für den Zugriff durch Suchmaschinen zugänglich machte  – also nicht von technischen Möglichkeiten Gebrauch machte, um die Abbildungen ihrer Werke von der Suche und der Anzeige durch Bildersuchmaschinen in Form von Vorschaubildern auszunehmen.

Im Einstellen der Bilder in das Internet liege also ein schlüssiges Verhalten, in dem der BGH eine Einwilligung zur Nutzung durch Googles Bildersuchdienst erkennt.

Etwas anderes gilt nur, wenn nicht der Urheber, sondern ein unberechtigter Dritter ein Bild eingestellt hat. Dann kann der Urheber die Sperrung des Bildes für die Bildersuche verlangen. In diesen Fällen greift zugunsten der Suchmaschinen jedoch ein Haftungsprivileg – der in seinen Rechten verletzte Urheber muss die Suchmaschine auf die Rechtsverletzung hinweisen und hat erst dann einen Unterlassungsanspruch, wenn der Suchmaschinenbetreiber hierauf nicht reagiert.

 

Darüber hinaus gehend stellte der BGH im Jahr 2011 fest, dass eine schlüssige Einwilligung auch dann vorliege, wenn eine Abbildung von Dritten mit Zustimmung des Urhebers ohne Schutzvorkehrungen ins Internet eingestellt worden ist. Solange Fotografen also Dritten das Recht einräumen, ein Bild im Internet auf einer Webseite öffentlich zugänglich zu machen, soll Google legitimiert sein, sämtliche Kopien dieser Bilder zu indizieren. Denn Suchmaschinen, die das Internet in einem automatisierten Verfahren nach Bildern durchsuchen, unterscheiden nicht danach, ob ein aufgefundenes Bild von einem Berechtigten oder einem Nichtberechtigten ins Internet eingestellt worden ist. Deshalb dürfe der Betreiber einer Suchmaschine wie Google eine derartige “Einwilligung“ dahingehend verstehen, dass sie sich auch auf die Anzeige von solchen Abbildungen in Vorschaubildern erstreckt, die letztlich ohne Zustimmung des Urhebers von Dritten ins Internet eingestellt worden sind.

 

Der Urheber ist nach Ansicht der BGH darauf verwiesen, diejenigen wegen Urheberrechtsverletzung in Anspruch zu nehmen, die diese Abbildungen unberechtigt ins Internet gestellt haben (Urteil vom 19. Oktober 2011 – I ZR 140/10 – Vorschaubilder II  http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=5059789a4e780b4a8b7b854f80074ea8&nr=57881&linked=pm&Blank=1).

 

Wer verhindern möchte, dass seine Bilder durch die Google Bildersuche gefunden und angezeigt werden, solle dies durch Anpassung des Quelltextes seiner Website verhindern. Dass diese Maßnahme dazu führt, dass die Inhalte schlechter gefunden werden, bleibt dabei außen vor.

Das Gericht bestätigte damit seine Rechtsauffassung aus dem Urteil von 2010  und lehnte eine unzulässige Nutzung der Bilder durch Google erneut ab.

 

Dies war der status quo im Hinblick auf die bisherige Rechtslage, die sich positiv für Google darstellte, weil der Betreiber nicht wegen einer Urheberrechtsverletzung in Anspruch genommen werden konnte.

 

Nunmehr hat sich Google jedoch entschlossen, die Bildersuche inklusive der Anzeige von thumbnails neu zu gestalten. So will Google Bilder und Fotos künftig in höherer Auflösung auf der Ergebnisseite seiner Bildersuche anzeigen. Während bislang ein Klick auf eines der kleinen Vorschaubilder in der Übersicht auf die Seite führte, auf der das Original zu sehen war,  führt er nun zu einer Anzeige des Bildes innerhalb der Suche. Der Nutzer kann mit der Tastatur also einfach durch die gefundenen Bilder blättern, ohne Google verlassen zu müssen, was aus Sicht der Nutzer und Google vorteilhaft, aus Perspektive der Urheber und Rechteinhaber jedoch äußerst nachteilig ist, da die Nutzer sich so nicht mehr zu ihren Seiten “durchklicken“ müssen.

 

So befürchten einige Seitenbetreiber von Bilddatenbanken und Fotogalerien durch die fehlende Umleitung auf ihre Webseite erhebliche Besucherrückgänge – und Umsatzeinbußen durch Werbebanner. Google kündigt damit den bisher bestehenden ungeschriebenen Deal auf. Bei dem Kreative Google die Bilder lieferten und im Gegenzug wir dafür die Besucher bekamen. Sie sprechen sich daher für die alte Version aus, bei der die ursprüngliche Webseite im Hintergrund geladen wird

 

Durch die Veränderung der Suchmaschinengestaltung entsteht also eine Schieflage der bisher in fragilem Gleichgewicht befindlichen Interessen. Tatsächlich könnte die neue Google-Bildersuche in Deutschland schlicht illegal sein.

Schon bei den kleinen Vorschaubildern gab das geltende Recht maximal unter großen Verrenkungen eine Argumentation her, nach der Thumbnails zur Funktionsweise einer Suchmaschine dazugehören und die Tatsache sich Webmaster nicht dagegen zu schützen eine Einwilligung darstellte. Ob sich die Thumbnail-Regelung nun aber auch auf große Bilder ausdehnen lässt, ist mehr als fraglich.

 

So wird Google von einer Suchmaschine zum Inhalteanbieter –  zum  “Schmarotzer an fremder Leistung.“ Wenn Bilder bereits in der Suchmaschine vollständig in der höchstmöglichen Auflösung angezeigt würden, entfalle die Notwendigkeit, die Ursprungsseite zu besuchen. Die neue Google Bildersuche könne unter Umständen existenzbedrohend für die Urheber sein

(http://www.djv.de/startseite/profil/der-djv/pressebereich-info-download/pressemitteilungen/detail/article/rechte-von-fotografen-respektieren.html).

 

2010 sagte der BGH, “ein Berechtigter, der Texte oder Bilder im Internet ohne Einschränkungen frei zugänglich macht, müsse mit den nach den Umständen üblichen Nutzungshandlungen rechnen”.  Eine Einschränkung, dass die Bilder nur in Thumbnail-Größe in der Ergebnisliste angezeigt werden dürften, findet sich weder 2010 noch 2011. Fraglich ist allerdings, ob die Wiedergabe als größeres Bild noch eine “nach den Umständen übliche Nutzungshandlung” wäre.

Derzeit gilt, dass wer die Bilder von seiner Website nicht in der Bildersuche von Google anzeigen lassen will, der Suchmaschine Bescheid geben muss, denn Webmaster können selbst entscheiden, ob sie ihre Bilder in der Google Bildersuche nicht angezeigt lassen wollen. Mit den richtigen technischen Mitteln kann man zudem auch die neue Bildersuche von Google von der eigenen Webseite aussperren. Tut man dies nicht, könnten die Gerichte in Anwendung der bisherigen Urteile von einer Einwilligung ausgehen.

Auf der Linie der bisherigen BGH-Rechtsprechung würde Google also wohl auch angesichts der neuen Suchmaschinengestaltung argumentieren, die Urheberrechtsinhaber könnten ihre Bilder sperren. Unterschlagen würde dabei jedoch, dass dies einen erzwungenen Wettbewerbsnachteil für sie bedeuten würde.

Festzuhalten ist, dass bislang noch nicht absehbar ist, ob die neue Bildersuche  gegen Urheberrechte verstößt.