Mit dem „Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken“, auch als „Anti-Abzock-Gesetz“ bekannt, werden die Rechte von Abgemahnten gestärkt.
Mindestanforderungen an den Inhalt der Abmahnung
Mit dem neuen Gesetz werden an den Inhalt der Abmahnung erhöhte Anforderungen gestellt. Die Abmahnung muss danach folgende Informationen in klarer und verständlicher Weise enthalten:
- Namen des Verletzten, wenn er nicht selbst abmahnt, sondern sich vertreten lässt,
- die genaue Bezeichnung der Rechtsverletzung,
- die genaue Aufschlüsselung der geltend gemachten Zahlungsansprüche als Schadensersatz- und Aufwendungsersatzansprüche (Rechtsanwaltsgebühren),
- wenn die Abmahnung eine Aufforderung zur Abgabe einer Unterlassungserklärung enthält, ist anzugeben, inwieweit die vorgeschlagene Unterlassungsverpflichtung über die abgemahnte Rechtsverletzung hinausgeht.
Ist eine oder mehrere dieser Voraussetzungen nicht erfüllt, ist die Abmahnung unwirksam. In der Praxis enthalten die meisten Abmahnungen im Bereich Filesharing bislang Pauschalforderungen, ohne zwischen Schadensersatz- und Aufwendungsersatzansprüchen (Rechtsanwaltsgebühren) zu trennen. Darüber hinaus gibt es einige Kanzleien, deren Vorschlag einer Unterlassungserklärung deutlich über die abgemahnte Rechtsverletzung hinausgeht.
Gegenansprüche des Abgemahnten bei fehlender Wirksamkeit oder mangelnder Berechtigung
Das neue Gesetz enthält zwei Arten von Gegenansprüchen, die an unterschiedliche Voraussetzung geknüpft sind.
Entspricht die Abmahnung nicht den oben genannten Mindestvoraussetzungen, ist sie unwirksam. Der Abgemahnte kann in diesem Fall einen Rechtsanwalt beauftragen, eine Gegenabmahnung aussprechen und die Kosten hierfür von der Gegenseite erstattet verlangen (§ 97a Abs. 4 Alt.1 UrhG).
Ist die Abmahnung unberechtigt, z.B. weil der Abmahnenden nicht die entsprechenden Rechte innehat oder der Adressat der Abmahnung keine Rechtsverletzung begangen hat, besteht ebenfalls ein Kostenerstattungsanspruch. Der Abmahnende kann sich in diesem Fall allerdings der Kostenerstattungsansprüche zurückweisen, wenn er beweisen kann, dass die fehlende Rechtmäßigkeit der Abmahnung für ihn nicht erkennbar war.
Deckelung der Abmahnkosten gegenüber Verbrauchern
Die Abmahnkosten, die dem Urheber bzw. dem Inhaber der ausschließlichen Nutzungesrechte entstehen, sind im Falle einer berechtigten Abmahnung vom Verletzer zu tragen. Bei einer erstmaligen Abmahnung gegenüber einem Verbaucher betragen die Rechtsanwaltskosten nach dem neuen § 97a Abs. 3 S. 2 UrhG 124,00 Euro netto, was einer 1,3 Geschäftsgebühr nach einem Gegenstandswert von 1.000,00 EUR zzgl. 20,00 Euro Postpauschale entspricht. Die Umsatzsteuer fällt hier nicht an, sofern der Abmahnende selbst vorsteuerabzugsberechtigt ist, da der Anwaltsvertrag zwischen Rechtsanwalt und Mandanten besteht. Der Schadensersatz, den die Abmahnkanzleien generell auch verlangen, ist von der neuen Deckelung allerdings noch nicht erfasst.
Die neue Deckelung gilt nicht bei Personen, die das geschützte Werk für ihre gewerbliche oder selbständig berufliche Tätigkeit verwendeten. Zudem greift die Deckelung nicht, sofern bereits eine Unterlassungserklärung in derselben Sache abgegeben wurde oder eine rechtskräftige Entscheidung oder eine Einstweilige Verfügung in der Sache erging.
Ausschließlicher Gerichtsstand bei Verbrauchern
Nach § 104a Abs. 1 UrhG ist nunmehr bei Klagen gegen einen Verbaucher das Gericht an dem Ort ausschließlich zuständig, an dem der Verbraucher seinen Wohnsitz hat. Damit endet die bislang geltende Regelung des sog. „Fliegenden Gerichtsstandes“, die besagte, dass bei Urheberrechtsverletzungen im Internet aufgrund der weltweiten Abrufbarkeit des Angebotes auch an sämtlichen Gerichten geklagt werden kann. Da die Gerichte teilweise sehr unterschiedlich urteilten, wählten die Abmahnkanzleien bislang besonders gern Gerichte, die als besonders „industrienah“ galten bzw. die sog. Störerhaftung besonders streng handhabten. Bei einem Termin an einem Wochentag morgens um 09:00 Uhr beim Amtsgericht München war es für einen Berliner Verbraucher schlicht unmöglich, mit entsprechenden Zeugen anzureisen und zu beweisen, dass er seine Pflicht zur Verhinderung von Urheberrechtsverletzungen erfüllt hatte.
Unser Fazit
Die neuen Regelungen stellen eine deutliche Verbesserung für abgemahnte Verbraucher dar, die seit Jahren erwartet wurde. Die meisten Abmahnkanzleien werden die Mindestvoraussetzungen in kürzester Zeit umsetzen. Es ist zu befürchten, dass der geforderte pauschale Schadensersatz in Zukunft höher ausfällt, sodass die Deckelung der Rechtsanwaltskosten auf 124,00 EUR netto kaum ins Gewicht fällt. Die wichtigste Veränderung ist für die Verbraucher die Abschaffung des „fliegenden Gerichtsstand“, was dazu führen dürfte, dass Klagen für die Abmahnkanzleien deutlich unangenehmer werden. Sie müssen zu Gerichten reisen, werden deutlich häufiger mit Verbrauchern und Zeugen sowie unabhängigen Richtern am Wohnort der Anschlussinhaber konfrontiert.
Den beschlossenen Gesetzesentwurf können Sie hier nachlesen.
Der neue § 97a UrhG (Abmahnung) mit Regelungen zur Abmahnung im Wortlaut:
§ 97a Abmahnung(1) Der Verletzte soll den Verletzer vor Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens auf Unterlassung abmahnen und ihm Gelegenheit geben, den Streit durch Abgabe einer mit einer angemessenen Vertrags- strafe bewehrten Unterlassungsverpflichtung beizulegen. (2) Die Abmahnung hat in klarer und verständlicher WeiseEine Abmahnung, die nicht Satz 1 entspricht, ist unwirksam.
- Name oder Firma des Verletzten anzugeben, wenn der Verletzte nicht selbst, sondern ein Vertreter abmahnt,
- die Rechtsverletzung genau zu bezeichnen,
- geltend gemachte Zahlungsansprüche als Schadensersatz- und Aufwendungsersatzansprüche aufzu- schlüsseln und
- wenn darin eine Aufforderung zur Abgabe einer Unterlassungsverpflichtung enthalten ist, anzugeben, inwieweit die vorgeschlagene Unterlassungsverpflichtung über die abgemahnte Rechtsverletzung hin- ausgeht.
(3) Soweit die Abmahnung berechtigt ist und Absatz 2 Nummer 1 bis 4 entspricht, kann der Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangt werden. Für die Inanspruchnahme anwaltlicher Dienstleistun- gen beschränkt sich der Ersatz der erforderlichen Aufwendungen hinsichtlich der gesetzlichen Gebühren auf Gebühren nach einem Gegenstandswert für den Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch von 1 000 Euro, wenn der AbgemahnteDer in Satz 2 genannte Wert ist auch maßgeblich, wenn ein Unterlassungs- und ein Beseitigungsanspruch nebeneinander geltend gemacht werden. Satz 2 gilt nicht, wenn der genannte Wert nach den besonderen Umständen des Einzelfalles unbillig ist. (4) Soweit die Abmahnung unberechtigt oder unwirksam ist, kann der Abgemahnte Ersatz der für die Rechtsverteidigung erforderlichen Aufwendungen verlangen, es sei denn, es war für den Abmahnenden zum Zeitpunkt der Abmahnung nicht erkennbar, dass die Abmahnung unberechtigt war. Weiter gehende Ersatzansprüche bleiben unberührt.
- eine natürliche Person ist, die nach diesem Gesetz geschützte Werke oder andere nach diesem Gesetz geschützte Schutzgegenstände nicht für ihre gewerbliche oder selbständige berufliche Tätigkeit ver- wendet, und
- nicht bereits wegen eines Anspruchs des Abmahnenden durch Vertrag, auf Grund einer rechtskräfti- gen gerichtlichen Entscheidung oder einer einstweiligen Verfügung zur Unterlassung verpflichtet ist.
§ 104a Gerichtsstand (1) Für Klagen wegen Urheberrechtsstreitsachen gegen eine natürliche Person, die nach diesem Ge- setz geschützte Werke oder andere nach diesem Gesetz geschützte Schutzgegenstände nicht für ihre ge- werbliche oder selbständige berufliche Tätigkeit verwendet, ist das Gericht ausschließlich zuständig, in dessen Bezirk diese Person zur Zeit der Klageerhebung ihren Wohnsitz, in Ermangelung eines solchen ih- ren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Wenn die beklagte Person im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat, ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Handlung begangen ist. (2)…
Wurden Sie auch abgemahnt? Lesen Sie jetzt „Alles was Sie über Filesharing Abmahnungen wissen müssen!“