Filesharing: Verjährung des Anspruches auf Schadensersatz

Jacob MetzlerAbmahnung (Filesharing), Recht, Urheberrecht

Der Anspruch auf Schadensersatz bei Filesharing verjährt nach überwiegender Meinung nach 3 Jahren. Zudem gebe es keinen Restschadensersatzanspruch. Das LG Frankfurt sieht das anders und meint, dass ein Restschadensersatzanspruch besteht und dieser erst nach frühestens 10 Jahren verjährt.

 

10-jährige Verjährungsfrist: Restschadensersatzanspruch

Das LG Frankfurt (Urteil vom 08.07.2015, 2-06 S 21/14) nimmt eine Verjährungsfrist für einen deliktischen Bereicherungsanspruch (sogenannten Restschadensersatzanspruch) von frühestens 10 Jahren nach § 102 S. 1 UrhG i. V. m. § 852 BGB an. Seiner Meinung nach entstehe durch das Anbieten eines urheberrechtlich geschützten Werkes ein Gebrauchsvorteil für den Anbieter.

In Bezug darauf, welchen Gebrauchsvorteil dem Anbieter konkret entstanden ist, bezieht es sich auf die BGH-Entscheidungen „Bochumer Weihnachtsmarkt“ (Urteil vom 27.10.2011, I ZR 175/10) und „Motorradteile“ (Urteil vom 15.01.2015, I ZR 148/13), da bei Filesharing keine grundlegend andere Fallgestaltung vorliege.

Es sei unerheblich, ob der Verletzer einen Gewinn erzielt habe. Denn durch den Eingriff in den Zuweisungsgehalt des Rechts des öffentlichen Zugänglichmachens nach § 19a UrhG entstehe dem LG Frankfurt zufolge bereits ein Gebrauchsvorteil, der zwar seiner Natur nach nicht ersetzt werden könne, jedoch dessen Wert nach § 818 Abs. 2 BGB.

Zur Ermittlung des Restschadensersatzanspruches nimmt es eine fiktive Lizenzgebühr (im zugrundeliegenden Fall in Höhe von 400 EUR für einen Film) an und beruft sich auf die BGH-Entscheidung „Motorradteile“, in der es heißt:

„Mit dem Restschadensersatzanspruch aus § 852 BGB kann daher die Herausgabe des durch die Verletzung eines Schutzrechts erlangten Gebrauchsvorteils im Wege der Zahlung einer fiktiven Lizenzgebühr verlangt werden.“

 

3-jährige Verjährungsfrist: Kein Restschadensersatzanspruch

Die Rechtsprechung nimmt weit überwiegend eine 3-jährige Verjährungsfrist nach § 102 S. 1 UrhG i. V. m. § 195 BGB an (LG Bielefeld, Beschluss vom 13.01.2016, 20 S 132/15; LG Frankenthal, Beschluss vom 16.07.2015, 6 S 62/15; AG Kassel, Urteil vom 24.11.2015, 410 C 3514/14; AG Köln, Urteil vom 08.07.2015, 125 C 517/14; AG Düsseldorf, Urteil vom 13.01.2015, 57 C 7592/14). Demnach sei das Anbieten eines urheberrechtlich geschütztes Werkes zum Herunterladen bloß ein unberechtigter Gebrauch und werde allenfalls billigend in Kauf genommen; ein Gebrauchsvorteil entstehe dadurch nicht:

„Ein privater „Filesharer“ [nimmt] die Möglichkeit, dass weitere Teilnehmer durch den eigenen Upload in der Lage sind, dasselbe Werk ihrerseits herunterzuladen, zwar in Kauf, verfolgt dabei jedoch in der Regel kein kommerzielles Interesse und erhält hierdurch auch keinen weitergehenden vermögenswerten Vorteil.“ (LG Bielefeld)

Der bereicherungsrechtliche Anspruch des Geschädigten nach § 852 S. 1 BGB, der nach 10 Jahren verjähre, betreffe nur den durch das Herunterladen einer Kopie zur Eigennutzung gewonnenen Vorteil. Der Download ist allerdings nie Bestandteil einer Filesharing-Abmahnung. Die Verbreitung des Werkes (Upload) sei lediglich „Nebenfolge“ (AG Düsseldorf) bzw. „notwendiges Übel“ (AG Kassel) des Filesharingvorgangs, während der Hauptzweck der Erhalt des Werkes (Download) sei.

Die BGH-Entscheidung „Motorradteile“ könne insbesondere nach Ansicht des AG Kassel bei Filesharing nicht hinsichtlich des Gebrauchsvorteils zur Anwendung kommen:

„Denn die Filesharer handeln typischerweise gerade nicht gewerblich-unternehmerisch, sondern rein zu privaten Zwecken. Der Urheberrechtsverstoß dient nicht zur Erlangung eines Vorteils im unternehmerischen Wettbewerb, sondern nur zur Ersparnis der Aufwendungen für den Kauf des geschützten Gutes im gewöhnlichen Endverbrauchergeschäft. Der Urheberrechtsverstoß wird gleichsam nur billigend in Kauf genommen.“

Zudem könne man die Entscheidung „Bochumer Weihnachtsmarkt“ insbesondere nach dem LG Bielefeld in Hinblick auf die Anwendung einer fiktiven Lizenzgebühr nicht auf Filesharing anwenden:

„Während die Verwertungsgesellschaft GEMA es einem Nutzer ermöglicht, einen urheberrechtlichen Lizenzvertrag über die von ihm gewünschte Musiknutzung abzuschließen, besteht in Filesharingangelegenheiten eine solche Möglichkeit nicht. Vorliegend hätte der Beklagte daher selbst dann, wenn er dies gewollt hätte, mit der Klägerin keinen urheberrechtlichen Lizenzvertrag über eine Weiterverbreitung des gegenständlichen Filmwerks im Rahmen eines Filesharing-Systems schließen können.“

 

Einschätzung

Bisher gibt es keine BGH-Entscheidung, die bei einem Filesharing-Fall auf die Verjährungsfrist Bezug nahm. Inwiefern die BGH-Entscheidungen „Motorradteile“ und „Bochumer Weihnachtsmarkt“ auf Filesharing angewendet werden können, ist strittig, wird jedoch überwiegend abgelehnt. Das LG Frankfurt hatte zu seinem Urteil eine Revision zugelassen. Es bleibt abzuwarten, wie sich andere Gerichte künftig zu der Problematik äußern werden.