Filesharing: Öffentliches Zugänglichmachen bei Dateifragmenten und geringen Upload-Mengen

Jacob MetzlerAbmahnung (Filesharing), Recht, Urheberrecht

Werden mittels Filesharing nur kleine Bestandteile (Dateifragmente) des streitgegenständlichen Werkes zum Download angeboten oder nur geringe Mengen hochgeladen, so ist fraglich, ob dies den Anforderungen des öffentlichen Zugänglichmachens genügt und damit eine Rechtsverletzung in Frage. Mit dem „Tauschbörse I“-Urteil hat sich der BGH zu dieser Frage jedoch klar positioniert.

 

„Datenmüll“-Rechtsprechung des LG Frankenthal

Computerspiele

Das LG Frankenthal (Urteil vom 11.08.2015, 6 O 55/15) entschied bei einem Computerspiel (geschütztes Werk nach § 11 UrhG), dass den Rechteinhaber zwei Darlegungspflichten treffen.

Zunächst müsse der Rechteinhaber nachweisen, dass „tatsächlich eine vollständige und lauffähige, das fragliche Werk beinhaltende Datei zum Download bereitgestellt worden ist.“ Kann er das nicht nachweisen, so müsse er nachweisen, dass die „zum Download bereitgestellten Dateifragmente tatsächlich zumindest auch Werkfragmente enthalten, die sich mit Hilfe gängiger oder zumindest allgemein zugänglicher Hard- und Software wiedergeben bzw. in sonstiger Weise sinnvoll im Sinne des § 11 UrhG nutzen lassen.“

Kann der Rechteinhaber diesen Darlegungspflichten nicht nachkommen, so handle es sich lediglich um „Datenmüll“ und die Klage sei unbegründet.

Filme

In ähnlicher Weise hat sich das LG Frankenthal (Urteil vom 30.09.2014, 6 O 518/13) zuvor bereits zu einem Filmwerk geäußert. Demnach müsse die Klägerin darlegen und glaubhaft machen, dass tatsächlich eine vollständige und lauffähige Datei, die den streitgegenständlichen Film beinhaltet, zum Download angeboten wurde.

Es führt es aus: „Eine nur teilweise zur Verfügung gestellte Datei ist regelmäßig nämlich nicht lauffähig und führt nicht dazu, dass auch nur Teile des Werks genutzt werden könnten; es handelt sich in diesem Fall lediglich um sog. „Datenmüll“.“ Ein öffentliches Zugänglichmachen scheide demnach aus.

Einschätzung

Mit seiner „Datenmüll“-Rechtsprechung, die den Kläger in der Pflicht sieht, zu beweisen, dass die zum Download bereitgestellte Dateien nicht lediglich „Datenmüll“ sind, steht das LG Frankenthal ziemlich allein da. Ähnliche Entscheidungen sind soweit nicht bekannt.

Das LG Hamburg (Urteil vom 05.03.2010, 308 O 691/09) hingegen hat das Argument einer Beklagten, es handle sich bei den zum Download bereitgestellten Computerspiel lediglich um „Datenmüll“, für nicht substantiiert gehalten. Es hielt den Beklagten in der Pflicht, dies zu beweisen.

 

Schutz selbst kleinster Bestandteile und Bruchstücke

Musik

Macht der Kläger eine Verletzung der Rechte des Tonträgerherstellers nach § 85 I UrhG geltend (Leistungsschutzrecht), so stelle dem BGH zufolge „selbst die Entnahme kleinster Tonpartikel einen Eingriff“ in die geschützte Leistung des Tonträgerherstellers dar. Schutzgegenstand sei insofern kein Werk im Sinne des § 2 UrhG, sondern „die zur Festlegung der Tonfolge auf dem Tonträger erforderliche wirtschaftliche, organisatorische und technische Leistung des Tonträgerherstellers.“ (BGH „Tauschbörse I“, Urteil vom 11.06.2015, I ZR 19/14)

Im Übrigen sei bereits ausreichend, dass „Dritten der Zugriff auf das (…) geschützte Werk eröffnet wird“; ein Upload sei nicht erforderlich.

Hörbuch

Das AG München (Urteil vom 03.04.2012, 161 C 19021/11) entschied, dass das Urheberrechtsgesetz nicht nur das Gesamtwerk, sondern selbst kleinste Teile davon schütze. Auf die Argumentation der Beklagten, es handle sich bei dem zum Download bereitgestellten Dateien lediglich um einzelne Bruchstücke („wertloser Datenmüll“), entgegnete das AG München, dass es Sinn und Zweck des Urhebergesetzes sei, die Übernahme fremder Leistung generell zu unterbinden, egal wie klein oder umfangreich der übernommene Teil sei.

 

Resümee

Mit der „Tauschbörse 1“-Entscheidung hat der BGH Verteidigungsstrategien bei Filesharing-Fällen, die auf zum Download angebotene Bruchstücke, geringe Upload-Geschwindigkeiten oder kleine Upload-Mengen abzielten, eine deutliche Absage erteilt.

Durch die Aussage, dass für ein öffentliches Zugänglichmachen (im Sinne des § 85 UrhG) überhaupt kein Upload erforderlich sei, sondern es ausreiche, dass Dritten lediglich der Zugriff auf das Werk oder Bruchstücken davon eröffnet wird, stärkt der BGH die Position der Verwertungsgesellschaften.