Filesharing: Klage vom AG Charlottenburg (206 C 126/15) abgewiesen – sekundäre Darlegungslast nach Tauschbörse-Urteilen des BGH unverändert

Jacob MetzlerAbmahnung (Filesharing), Recht, Urheberrecht

Das AG Charlottenburg (Urteil vom 08.04.2015, 206 C 126/15) hat in einem Rechtsstreit, bei dem wir den Beklagten vertreten haben, die Klage wegen einer angeblichen Rechtsverletzung durch das Anbieten eines Musikalbums in einer Internet-Tauschbörse (Filesharing) abgewiesen. Insbesondere habe unser Mandant seiner sekundären Darlegungslast genügt, die nach den „Tauschbörse“-Urteilen des BGH unverändert geblieben sei.

 

Sachverhalt

Die Klägerin behauptete, unser Mandat hätte das streitgegenständliche Musikalbum zu zwei Zeitpunkten zum Download angeboten. Sie verlangte Schadensersatz in Höhe von 450,00 EUR und Ersatz von Rechtsanwaltskosten in Höhe von 506,00 EUR (Gegenstandswert: 10.000,00 EUR).

Unser Mandat machte deutlich, dass er die Urheberrechtsverletzung nicht begangen habe und neben ihm auch seine Ehefrau sowie seine beiden Söhne Zugriff auf das W-LAN-Netzwerk gehabt haben. Deshalb habe die Möglichkeit bestanden, dass sie die Rechtsverletzung begangen haben. Von keinem sei die Rechtsverletzung eingestanden worden.

Darüber hinaus sei die Methode zur Ermittlung der IP-Adresse äußerst fehleranfällig und der angesetzte Gegenstandswert mit 10.000,00 EUR lebensfremd; stattdessen seien 1.000,00 EUR angemessen.

 

Sekundäre Darlegungslast erfüllt: Kein Anspruch auf Schadensersatz

Das AG Charlottenburg urteilte, dass unser Mandat der sekundären Darlegungslast entsprochen habe und keine tatsächliche Vermutung für ihn als Täter spräche. Auf Grundlage der vergangenen Urteile des BGH („BearShare“, 08.01.2014, I ZR 169/12; „Morpheus“, 15.11.2012, I ZR 74/12; „Sommer unseres Lebens“, 12.05.2010, I ZR 121/08) stellte es fest:

„Der Beklagte hat seiner sekundären Darlegungslast dadurch entsprochen, dass er vorgetragen hat, er selbst habe die Rechtsverletzung nicht begangen; vielmehr bestehe die Möglichkeit, dass diese von seiner Ehefrau oder von einem seiner beiden volljährigen Söhne begangen worden sei. Alle hätten Zugang zum W-LAN-Anschluss gehabt.“

Darüber hinaus nahm es Bezug auf die Nachforschungspflicht des Beklagten:

„Der Beklagte hat seine Familienmitglieder auch befragt, so dass er seiner Nachforschungspflicht im Rahmen des Zumutbaren nachgekommen ist. Allein der Umstand, dass diese abgestritten haben, die streitgegenständliche Verletzungshandlung begangen zu haben, lässt nicht den Schluss zu, dass sie diese auch tatsächlich nicht begangen haben.“

Die Entgegnung der Klägerin, dass die Familienmitglieder des Beklagten keinen Zugriff auf das Internet gehabt hätten, hielt das AG Charlottenburg für nicht zulässig:

„Soweit in dem Bestreiten die Behauptung liegt, diese hätten keinen Zugriff gehabt, handelt es sich um eine Behauptung ins Blaue hinein. Die Klägerin kann ersichtlich nicht wissen, wer in der Familie Zugriff auf den Internetanschluss hatte.“

 

Grundsätze der „BearShare“-Entscheidung bleiben nach den „Tauschbörse“-Entscheidungen bestehen

Unter Bezugnahme auf die „Tauschbörse“-Urteile des BGH vom 11.06.2015 stellte das AG Charlottenburg darüber hinaus klar, dass sich an der Beweislast zur Erschütterung der tatsächlichen Vermutung, der Anschlussinhaber sei Täter, nichts geändert habe. Vergleicht man das Urteil „Tauschbörse III“ (I ZR 75/14) mit „BearShare“ (I ZR 169/12) so stellt man fest, dass die Grundsätze zur sekundären Darlegungslast identisch geblieben sind:

„Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast vielmehr dadurch, dass er dazu vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren zu Nachforschungen verpflichtet.“

Dies hat unser Mandat getan. Er hat die Familienangehörigen aufgezählt und namentlich benannt, die als mögliche Täter in Betracht kommen, und hat Nachforschungen im Rahmen des Zumutbaren betrieben, indem er die Familienangehörigen befragt hat, ob sie die Rechtsverletzung begangen haben.

 

Störerhaftung kommt nicht in Betracht: Keine Erstattung der Anwaltskosten

Das AG Charlottenburg urteilte, dass neben der täterschaftlichen Haftung auch die Störerhaftung ausscheide. In Hinblick auf die Familienkonstellation unseres Mandanten machte es auf Grundlage „BearShare“-Entscheidung des BGH deutlich:

„Den Beklagten treffen jedoch weder Belehrungs-, noch anlasslose Prüf- oder Kontrollpflichten in Bezug auf seine Ehefrau oder seine volljährigen Söhne.“

Damit ist unser Mandat auch nicht zur Erstattung der Anwaltskosten verpflichtet.

 

Resümee

In diesem Fall haben wir unseren Mandanten erfolgreich gegen die Klägerin vor Gericht verteidigt. Das Urteil zeigt, dass sich die Rechtslage vor und nach den „Tauschbörsen“-Urteilen des BGH hinsichtlich der tatsächlichen Vermutung und der sekundären Darlegungslast nicht geändert hat. Außerdem zeigt es, wie die konsequente Umsetzung der vergangenen BGH-Urteile aussieht.