Filesharing: Höhe und Berechnung des Schadensersatzes bei Musikaufnahmen

Jacob MetzlerAbmahnung (Filesharing), Recht, Urheberrecht

Gerichte wenden für den Schadensersatzanspruch in Filesharing-Fällen den Grundsatz der Lizenzanalogie gemäß § 97 UrhG an. Dem BGH nach ist dabei die Höhe der zu zahlenden fiktiven Lizenzgebühr vom Tatrichter gemäß § 287 ZPO unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls nach seiner freien Überzeugung zu bemessen, sofern keine branchenüblichen Vergütungssätze und Tarife vorhanden sind.

 

Höhe der fiktiven Lizenzgebühr nach dem BGH

Werden Musikdateien in Filesharing-Programmen zum Download angeboten, zieht der BGH einen Betrag von 0,50 EUR pro Abruf heran (BGH „Tauschbörse I“, Urteil vom 11.06.2015, I ZR 19/14). Dieser Betrag wird dann mit der vermuteten Anzahl an Abrufen durch andere Tauschbörsenteilnehmer multipliziert.

Der BGH hält eine Anzahl von mindestens 400 möglichen Abrufen (Multiplikationsfaktor) für angemessen und unterstützt dabei die Entscheidung des OLG Köln (Urteil vom 20.12.2013, I-6 U 205/12, so auch zuletzt: Urteil vom 06.02.2015, I-6 U 209/13) und des OLG Hamburg (Urteil vom 07.11.2013, U 5 222/10). Demzufolge sei die Höhe des Schadensersatzes pro Musikaufnahme auf 200 EUR zu bemessen.

Zu beachten gilt bei der Entscheidung „Tauschbörse I“ des BGH, dass sich diese auf 15 Aufnahmen bezog. Sollten deutlich mehr Musikaufnahmen streitgegenständlich sein, zweifelt der BGH daran, ob 200 EUR je Musikaufnahme dann noch angemessen sind: „Es erscheint ausgeschlossen, dass ein vernünftig denkender privater Musiknutzer […] eine Lizenzgebühr von 200 € je Musikaufnahme zahlen würde, wenn Gegenstand dieser Vereinbarung das öffentliche Zugänglichmachen einer großen Anzahl von Musikaufnahmen wäre.“

 

Zustimmende Rechtsprechung zu BGH „Tauschbörse I“

Dieser Rechtsprechung des BGH mit einer fiktiven Lizenzgebühr von 200 EUR je Musiktitel hat sich zuletzt das OLG München (Urteil vom 14.01.2016, 29 U 2593/15) angeschlossen. In der Vergangenheit teilte das OLG Frankfurt (Urteil vom 16.12.2014, 11 U 27/14) bereits diese Höhe der Lizenzgebühr.

 

Abweichende Rechtsprechung vor BGH „Tauschbörse I“

Das OLG Düsseldorf (Urteil vom 03.12.2013, I-20 U 138/12) hält den Multiplikationsfaktor von 400 für zu hoch, nimmt stattdessen 200 an und setzt so die fiktive Lizenzgebühr auf 100 EUR pro Musiktitel.

Viel niedrigere fiktive Lizenzgebühren legte das AG Köln (Urteil vom 10.03.2014, 125 C 495/13) mit 10 EUR pro Musiktitel fest. Seiner Ansicht nach sei Filesharing ein Vorgang, bei dem „die einzelne Teilnahme keine nennenswerten Folgen“ zeitige, denn „würde die einzelne Teilnahme nicht stattfinden, so würden spätere Nachfragen nach dem betroffenen Werk durch Benutzung und Zusammensetzung von Dateifragmenten anderer Teilnehmer des Netzwerks befriedigt.“ Die Schadensersatzbeiträge stünden völlig außer Verhältnis zum eingetretenen Schaden.

Ähnlich entschied sich das AG Frankenthal (Urteil vom 27.10.2014, 3b C 258/14) mit 20 EUR pro Musiktitel. Eine Berufung gegen dieses Urteil wurde mit einem Hinweisbeschluss bereits zurückgewiesen (LG Frankenthal, Beschluss vom 03.03.2015, 6 S 26/14).

 

Resümee

Auch wenn es in der Vergangenheit durchaus starke Unterschiede in der Bemessung der Höhe des Schadensersatzanspruches gab, so deutet nach dem Urteil „Tauschbörse I“ des BGH wohl viel darauf hin, dass sich weitere Gerichte an 200 EUR je Titel orientieren werden und die Kläger auch auf dieses Urteil Bezug nehmen werden.