Filesharing: Klage vom AG Erfurt (2 C 214/15) abgewiesen – Sachverständigengutachten für zuverlässige Ermittlung und Zuordnung der IP erforderlich

Jacob MetzlerAbmahnung (Filesharing), Recht, Urheberrecht

Das AG Erfurt (Urteil vom 25.02.2016, 2 C 214/15) hat in einem Rechtsstreit, bei dem wir die Beklagte vertreten haben, die Klage wegen einer angeblichen Rechtsverletzung durch das Anbieten eines Musikalbums in einer Internet-Tauschbörse (Filesharing) abgewiesen. Insbesondere habe unsere Mandantin ihrer sekundären Darlegungslast genügt und die Klägerin ihre Behauptungen hinsichtlich der zuverlässigen Ermittlung und Zuordnung der IP-Adresse nicht beweisen können, da hierfür ein Sachverständigengutachten erforderlich gewesen wäre.

 

Sachverhalt

Die Klägerin behauptete, unser Mandat hätte das streitgegenständliche Musikalbum zum Download angeboten. Sie verlangte Schadensersatz in Höhe von 2.500,00 EUR und Ersatz von Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.379,80 EUR.

 

Sekundäre Darlegungslast erfüllt

Das AG Erfurt urteilte, dass unsere Mandantin ihrer Nachforschungspflicht in ihrem Rechtskreis nachgekommen sei:

„Diesbezüglich hat sie vorgetragen, dass sich die [von ihr] einzeln benannten Familienmitglieder zum streitgegenständlichen Zeitpunkt in der Wohnung aufgehalten hätten. Sie selbst habe die Rechtsverletzung nicht begangen. Anhaltspunkte für eine Rechtsverletzung durch die übrigen Familienmitglieder habe es nicht gegeben.“

Dieses Bestreiten der Rechtsverletzung durch unsere Mandantin hielt das AG Erfurt für substantiiert.

 

Klägerin konnte zuverlässige Ermittlung und Zuordnung der IP nicht beweisen

Dem Gericht zufolge oblag es sodass der Klägerin zu beweisen, dass „über den vorliegenden streitgegenständlichen Internetanschluss ein Urheberrechtsverstoß tatsächlich begangen wurde.“ Zudem müsse sie beweisen, dass „der streitgegenständliche Internetanschluss zu diesem Zeitpunkt auch der Beklagten zuzuordnen war.“ Diesen Beweis habe die Klägerin nicht erbracht. Sie habe auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens verzichtet und lediglich einen Zeugenbeweis angeboten, der jedoch dem AG Erfurt nicht genügte:

„Der angebotene Zeugenbeweis durch Einvernahme des Zeugen F. ist nach Auffassung des Gerichts nicht geeignet, tatsächlich nachvollziehen zu können, ob eine Zuordnung der streitgegenständlichen Daten aufgrund der verwendeten Software tatsächlich zuverlässig erfolgt.“

 

Sachverständigengutachten erforderlich

Ohne ein Sachverständigengutachten könne dem AG Erfurt zufolge die zuverlässige Ermittlung und Zuordnung der IP-Adresse nicht nachvollzogen werden:

„Der angebotene Zeuge wäre hingegen lediglich in der Lage, die erfolgten Arbeitsschritte, die zu einer Zuordnung zu einer IP-Adresse erfolgen, darzulegen. Inwieweit eine solche fehlerfrei erfolgt, hätte lediglich durch ein Sachverständigengutachten geklärt werden können.“

Infolgedessen hat sich das AG Erfurt entschieden, die Klage abzuweisen.

 

Resümee

Das AG Erfurt hat mit diesem Urteil die Beweislast des Klägers höher gewichtet als andere Gerichte. Insbesondere hegt es Zweifel an der Richtigkeit der Ermittlung und Zuordnung von einer IP-Adresse zu einem Anschlussinhaber und fordert deshalb ein Sachverständigengutachten.

Mit dieser Rechtsprechung stellt sich das AG Erfurt der wohl herrschenden Rechtsprechung entgegen, bei welcher der Versicherung der Klägerin, nach welcher die Ermittlung der IP-Adresse und deren Zuordnung zuverlässig gewesen seien, geglaubt wird.

Man wird davon ausgehen können, dass Kläger auf die Einholung eines solchen Sachverständigengutachtens sowohl aus Kostengründen als auch aus der Erwägung, dass ein negatives Gutachten die Erfolgschancen in weiteren Verfahren deutlich mindern würden, meist verzichten werden.