Auskunftsansprüche gegen Dienstleister (hier: Provider) bei Urheberrechtsverletzungen

Jacob MetzlerAbmahnung (Filesharing), Urheberrecht

BGH – Beschluss v. 19.04.1012, I ZB 80/11

Wer Inhaber eines Urheberrechts ist, der hat im Falle von offensichtlichen Urheberrechtsverletzungen gemäß §101 Abs.2 Nr.3 UrhG einen Anspruch auf Auskünfte gegen Personen, die Dienstleitungen erbracht haben, die für die das Urheberrecht verletzenden Tätigkeiten genutzt wurden.

In der Praxis ist ein solcher Anspruch insbesondere dann relevant, wenn es um das Anbieten von Musik oder Filmen im Internet geht. Hier könnte der Inhaber des Urheberrechts nach §§101 Abs.2 Nr.3, Abs.3 UrhG vom Internetdienstleister verlangen, ihm die Namen und Anschriften der jeweiligen Nutzer zu nennen, die sein Urheberrecht verletzten.

Wie der BGH nun entschieden hat, setzt der Anspruch nach §101 Abs.2 Nr.3 UrhG – entgegen den bisherigen Auffassungen in der Rechtsprechung – dabei nicht voraus, dass das Urheberrecht in gewerblichen Ausmaß verletzt wird (BGH – Beschluss v. 19.04.1012, I ZB 80/11, Rn.10).

Der BGH begründet es zum einem damit, dass sich dem Wortlaut des §101 Abs.2 Nr.3 UrhG eine solche Voraussetzung nicht entnehmen lässt und zum anderen, dass sich die Formulierung ,,im gewerblichen Ausmaß“ im §101 Abs.2 Nr.3 UrhG nur auf die Dienstleistungen bezieht (BGH – Beschluss, Rn.11f.).

Für den BGH ist zudem entscheidend, dass der Anspruch nach §101 Abs.2 Nr.3 UrhG es dem Rechtsinhaber ermöglicht, mit Hilfe der Auskünfte den Urheberrechtsverletzer zu ermitteln. Der Anspruch dient somit zur Vorbereitung von Unterlassungs- oder Schadensersatzansprüchen gegen den Urheberrechtsverletzer (BGH – Beschluss, Rn. 19f.). Die Unterlassungs- bzw. Schadensersatzansprüche aus dem UrhG (z.B. §97 UrhG) setzen lediglich voraus, dass eine Rechtsverletzung vorliegt, unabhängig von ihrem Umfang. (BGH – Beschluss, Rn. 20) Würde man aber dem Rechteinhaber den Auskunftsanspruch aus §101 Abs.2 Nr.3 UrhG nur dann einräumen, wenn das Urheberrecht in gewerblich Ausmaß verletzt wird, so hat das zur Folge, dass er einen auch nur bei einer solchen Urheberrechtsverletzung einen Unterlassungs- oder Schadensersatzanspruch gegen den Urheberrechtsverletzer geltend machen kann, obwohl ihm diese Ansprüche bei jeder Rechtsverletzung zu stehen. Er wäre damit in so einem Fall schutzlos (BGH – Beschluss, Rn.23).

Bei seiner Entscheidung war sich der BGH zwar bewusst, dass die Verfasser des Regierungsentwurfes der Ansicht waren, dass ein Auskunftsanspruch aus §101 Abs.2 Nr.3 UrhG eine Urheberrechtsverletzung in gewerblichen Ausmaß voraussetzt. Für die Richter ist die Ansicht der Verfasser des Regierungsentwurfes aber nicht maßgeblich, weil sie sich bei objektiver Betrachtung der Norm dieser nicht entnehmen lässt, sondern eher eine – bei der Auslegung der Norm unbeachtliche – subjektive Vorstellung über die Bedeutung der Norm darstellt (BGH – Beschluss, Rn.27ff).

Im Ergebnis führt die Entscheidung des BGH dazu, dass ein Auskunftsanspruch aus §101 Abs.2 Nr.3 UrhG schon bei einer offensichtlichen Rechtsverletzung besteht.

In dem oben beschriebenen Fall, in dem der Rechtsinhaber die Auskunft von einem Internet-Provider verlangt, kann die Auskunft vom Internetdienstleister nur unter Verwendung von Verkehrsdaten iSd Telekommunikationsgesetzes erteilt werden. Dazu ist aber nach §101 Abs.9 UrhG ein Antrag beim Landgericht durch den Rechteinhaber erforderlich.

Dazu hat der BGH entschieden, dass die Weitergabe der Daten an den Rechteinhaber weder europarechtlich noch vefassungsrechtlich bedenklich ist (BGH – Beschluss, Rn.43ff.). Nach Ansicht des BGH ist ein solcher Antrag in aller Regel ohne Weiteres begründet ist und daher diesem ohne Weiteres statt zugeben (BGH – Beschluss, Rn.40).