Abmahnung FAQ – Hafte ich als Anschlussinhaber für Mitbewohner, Ehegatten und erwachsene oder minderjährige Familienmitglieder?

Die Frage, inwieweit der Anschlussinhaber für Urheberrechtsverletzungen haftet, die von anderen Familienmitgliedern über seinen Anschluss begangen werden, war eine lange Zeit höchstrichterlich ungeklärt. Im Urteil vom 11.06.2015 („Tauschbörse III“) stellte der BGH allerdings fest, dass der Anschlussinhaber doch im Rahmen des Zumutbaren zu Nachforschungen verpflichtet ist und somit die konkrete Person benennen muss, wer zum Tatzeitpunkt Zugriff auf Computer hatte. Eine pauschale Benennung möglicher Täter genügt also nicht:

Der Inhaber eines Internetanschlusses, über den eine Rechtsverletzung begangen wird, genügt seiner sekundären Darlegungslast im Hinblick darauf, ob andere Personen selbständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten, nicht dadurch, dass er lediglich pauschal die theoretische Möglichkeit des Zugriffs von in seinem Haushalt lebenden Dritten auf seinen Internetanschluss behauptet.

Dokumentation erforderlich?

Im Beschluss vom 02.02.2015 (5 W 47/13) stellt OLG Hamburg fest, dass eine Nutzungs-Dokumentation für den Beweis möglicher Täterschaft nicht erforderlich ist. Es genügt im Gegenteil, wenn der Anschlussinhaber es einfach darlegt, dass auch andere Nutzer zum Tatzeitpunkt Zugriff auf Computer hatten:

Eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers ist nicht begründet, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung (auch) andere Personen diesen Anschluss benutzen konnten.

Minderjährige Kinder

Hat der Anschlussinhaber minderjährige Kinder, so haftet er nur dann als Störer, wenn er dem Kind bei konkreten Anhaltspunkten eine Verbotshandlung unterlassen hat (vgl. BGH, Urteil vom 11.06.2015, I ZR 7/14, „Tauschbörse II„). Als konkreter Anhaltspunkt gilt, dass das Kind der elterlichen Belehrung bzw. dem Verbot einer Teilnahme an Tauschbörsen bereits zuwider gehandelt hat. In diesem Fall sind die Eltern verpflichtet, Computer zu überprüfen oder Internetzugang (teilweise) zu versperren.

Gäste

Bei volljährigen außenstehenden Dritten (z.B. Gästen) besteht grundsätzlich eine Belehrungspflicht wie bei Kindern, es sei denn, es handelt sich um „gut bekannte Gäste“ (AG Charlottenburg, Urteil von 21.05.2015, 210 C34/15).

Ehegatten und erwachsene Kinder

Bezüglich naher Familienangehöriger (vor allem Ehegatten) gehen die Gerichte entweder davon aus, dass es ihnen gegenüber überhaupt keine Belehrungspflicht besteht (vgl. AG Kassel, Urteil vom 14.04.2015, 410 C 2230/14) oder dass diese nur bei konkreten Anhaltspunkten (s.oben) begründet ist (BGH, Urteil vom 08.01.2014, I ZR 169/12, „BearShare“).

Im Verfahren I ZR 48/15 ging der BGH davon aus, dass die Täterschaft der Familienmitlieder seitens des Anschlussinhabers auch hinreichend bewiesen werden muss. Eine bloße Benennung der möglichen Täterschaft reicht also nicht aus:

Das Berufungsgericht habe nach Durchführung der Beweisaufnahme zu Recht angenommen, die Ehefrau des Beklagten scheide als Täterin aus. Der Beklagte habe weiter nicht hinreichend konkret dazu vorgetragen, dass seine Kinder ernsthaft als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kämen.

WG

Das Gleiche gilt für die Wohngemeinschaften. LG Flensburg und AG Leipzig haben sich diesbezüglich zugunsten der Privatsphäre einzelner Mitbewohner ausgesprochen (vgl. LG Flensburg, Beschluss vom 23.02.2016, 8 S 48/15; AG Leipzig, Urteil vom 07.08.2015, 106 C 219/15). Eine Belehrungs- bzw. Kontrollpflicht besteht demnach höchstens bei konkreten Anhaltspunkten.

Als Störer wird für erwachsene Verwandte oder WG-Mitglieder wird nach der Auffassung des BGHs (I ZR 86/15) nur bei konkreten Anhaltspunkten gehaftet:

Der Beklagten sei eine entsprechende Belehrung ohne konkrete Anhaltspunkte für eine rechtswidrige Nutzung des Internetanschlusses nicht zumutbar gewesen. Den Inhaber eines Internetanschlusses, der volljährigen Mitgliedern seiner Wohngemeinschaft, seinen volljährigen Besuchern oder Gästen einen Zugang zu seinem Internetanschluss ermögliche, treffe keine anlasslose Belehrungs- und Überwachungspflicht.

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